Virtual Reality im Trading - Wie eine kollaborative VR-Umgebung den Aktienhandel verändern könnte

Der Aktienhandel ist stressig, oft unübersichtlich und die Zusammenarbeit von Händlern wird durch die Besprechung kooperativer Handlungsentscheidungen sowie Einsätze verschiedener Analysetechniken im Entscheidungsprozess weiter erschwert. Hierbei den Überblick zu behalten, um bei Marktveränderungen schnellstmöglich reagieren zu können, ist nicht einfach. Daher ist es beim Trading von entscheidender Bedeutung, dass das System, das Trader zur Überwachung von Finanzinformationen und zum Handel nutzen, sie unterstützt. Denn wenn Trader Fehler machen, hat das den Verlust von Geld zur Folge. Dabei geht es nicht nur um Einzelpersonen, sondern auch um professionelle Anleger, die das Geld ihrer Institution oder Organisation, für die sie arbeiten, verlieren können.

Dr. Enes Yigitbas, Sebastian Gottschalk, beide wissenschaftliche Mitarbeiter im SICP, Alexander Nowosad, wissenschaftliche Hilfskraft im SICP sowie Prof. Dr. Gregor Engels, Stellvertretender Sprecher des SICP -Steuerkreises und Leiter der Forschungsgruppe Datenbank- und Informationssysteme, haben eine kollaborative Aktienhandelsumgebung in einer virtuellen Realität (VR) entworfen, um bestimmte Herausforderungen beim Aktienhandel zu adressieren. Die Umgebung wurde hinsichtlich ihrer Funktionalität und ihrer Nützlichkeit in Bezug auf Effizienz, Effektivität, Benutzerzufriedenheit und Unterstützung in der Zusammenarbeit untersucht und bewertet. Das Papier, das im Rahmen dieser Forschung entstanden ist, wurde auf der diesjährigen 17. Internationalen Tagung Wirtschaftsinformatik akzeptiert und vorgestellt.

Worin liegen weitere Herausforderungen beim Trading?

Um viele Finanzinformationen gleichzeitig sehen zu können, arbeiten Trader in der Regel mit mehreren Bildschirmen, um die Informationen zu beobachten und Aktien kaufen oder verkaufen zu können. Doch genau hier ergibt sich das erste Problem, denn physische Räume haben Grenzen und sind vor allem auch in ihrer Position eher unflexibel. Daraus resultiert, dass Trader nicht beliebig viele Bildschirme auf ihrem Arbeitsplatz stellen können, sondern lediglich eine bestimmte Anzahl zur Verfügung haben und damit in ihrer Arbeit räumlich eingeschränkt sind. Doch nicht nur dadurch entstehen Herausforderungen, sondern auch durch die grafische 2D-Oberfläche der Bildschirme und durch die Bedienung per Maus und Tastatur. Eine Lösung, die flexibler in ihrer Ausweitung wäre und das Wirrwarr an Informationen, welches durch die Vielzahl und die Überschneidungen der Informationen in der 2D-Darstellung zustande kommt, klarer darstellen könnte, wäre anstelle einer 2D- eine 3D-Visualisierung.

Virtual Reality als mögliche Lösung

Konkret bedeutet das, dass eine Gegenmaßnahme zur konventionellen Arbeitsweise mit 2D-Oberflächen virtuelle Desktops sein könnten, die zur Reduzierung der Informationsüberladung beitragen könnten. Der Vorteil dabei ist, dass Trader mit einer VR-Benutzungsschnittstelle mehrere Trends beobachten könnten, indem sie in die gegebenen Informationen eintauchen, ohne dabei durch physische Grenzen eingeschränkt zu sein.

Kollaborative Aktienhandelsumgebung in VR

Implementiert wurde von den Wissenschaftlern eine kollaborative Aktienhandelsumgebung in VR. Wie diese funktioniert und welche Vorteile die implementierte VR-Umgebung hat, erklärt Dr. Yigitbas folgendermaßen: „Unsere VR-basierte kollaborative Aktienhandelsumgebung unterstützt die Visualisierung von Finanzdaten in einer virtuellen Umgebung und die Zusammenarbeit zwischen Tradern. Dies funktioniert, indem sich die Trader in der VR eine gemeinsame Umgebung teilen und dabei durch Avatare repräsentiert werden. Diese Repräsentation war uns wichtig, um eine Lösung zu ermöglichen, die auf eine natürliche Interaktion abzielt. Denn durch die Möglichkeit, Gesten, Bewegungen und weiteren Interaktionsmöglichkeiten zu verwenden, wird die Zusammenarbeit der Trader beim Aktienhandel weiter unterstützt.“

Bei dem Vergleich der Umgebung in Bezug auf die Usability-Kriterien, stellte sich heraus, dass die VR-Umgebung im Vergleich zum konventionellen Aktienhandel keine signifikanten Vorteile in Bezug auf Effizienz und Effektivität aufweist, jedoch konnten die Wissenschaftler eine erhöhte Benutzerzufriedenheit und bessere Zusammenarbeit feststellen.

„Für die Zukunft planen wir, unsere VR-Umgebung zum einen um weitere Funktionen zur Unterstützung der Analyse von Aktien zu erweitern und zum anderen um intelligente Komponenten zur besseren Unterstützung der Entscheidungsfindung im Handelsprozess. Außerdem möchten wir weitere Diagrammtypen hinzufügen, um eine immersive Visualisierung komplexer Finanzdatensätze zu unterstützen. Ein weiteres Anliegen ist aber auch eine Nutzerstudie mit einer größeren Gruppe von heterogenen Nutzenden, einschließlich Domänenexperten durchzuführen, um die Vorteile von VR für den Finanzbereich weiter untersuchen zu können“, so Gottschalk.

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