Es wird zunehmend wichtiger, dass neues Personal den Onboarding-Prozess effizient durchläuft und zielgerichtet eingearbeitet wird. Ein Projekt der TEAM GmbH und der Forschungsgruppe Organizational Behavior der Universität Paderborn im Rahmen von Arbeitswelt.Plus zeigt, wie eine strukturierte Aufbereitung von Wissen die Expertise erfahrener Fachkräfte sichert und Onboarding-Prozesse effizienter werden können.
Implizites Wissen ein strategischer Erfolgsfaktor
In den nächsten Jahren werden die geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannten Babyboomer, in den Ruhestand gehen. Aktuelle Studien gehen davon aus, dass dem deutschen Arbeitsmarkt bis 2036 insgesamt 12,9 Mio. Erwerbstätige verloren gehen. Dadurch besteht für Unternehmen die Gefahr, dass wichtiges implizites Wissen die Organisation verlässt.
Insbesondere in der Position eines Projektleitenden des Transferpartners TEAM muss ein Mitarbeitender umfangreiches Wissen aus den Bereichen Intralogistik, IT-Technologie, Funktionalitäten und Prozesse des ProStore®-Produkts, Projektmanagement-Methoden und der Leitung von ProStore®-Projekten vereinen. Die IT-Lösungen sind oft stark kundenspezifisch, weshalb der Onboarding-Prozess für neue Projektleitende zeitintensiv und vielschichtig ist. Die Einarbeitung ist inhaltlich klar definiert, allerdings erfordert sie zusätzlich oft tiefgehendes Expertenwissen erfahrener Mitarbeitenden. Mit dem baldigen Ausscheiden von erfahrenen Mitarbeitenden entsteht akuter Handlungsbedarf, diesen Transformationsprozess neu zu denken. KI wird dabei als vielversprechende Möglichkeit gesehen, diesen Prozess zu unterstützen. Der Einsatz dieser Technologie bringt jedoch soziotechnische Herausforderungen mit sich.
Strukturierte Aufbereitung von Wissen mittels KI
Ziel des Transferprojekts war es, eine Blaupause zu schaffen, wie Wissen im Unternehmen extrahiert, gespeichert und aufbereitet werden kann. Dieses Wissen soll ergänzend zur bestehenden Dokumentation die Basis für ein KI-basiertes Unterstützungssystem bilden, das die Einarbeitung von neuen Mitarbeitenden beschleunigt und die Wissensdokumentation vervollständigt.
Hierzu wurde gemeinsam zu Projektstart ein individuelles methodisches Vorgehen entwickelt und der Ablauf der Wissenstransformation skizziert. Um ein praxistaugliches Vorgehen zu sichern, war es entscheidend, die Perspektiven der Wissensträger einzubeziehen. Die Universität Paderborn führte daher zahlreiche Experteninterviews durch, um 1) die Ist-Situation des Wissensmanagements im Unternehmen abzubilden, 2) die geplante Vorgehensweise zu evaluieren und konstruktives Feedback zu erhalten sowie 3) die Mitarbeitenden frühzeitig in die Entwicklung der KI einzubeziehen, um die Akzeptanz und Nutzungsbereitschaft zu erhöhen.
Die Entwicklung der KI zur Wissenstransformation (kurz: KIWI) begann mit der Identifikation relevanter Wissensdokumente (z. B. Pflichtenhefte, Handbücher, QM-Dokumente). Technisch entschieden sich die Partner, das System nach der RAG-Architektur (Retrieval-Augmented Generation) zu konzipieren und die Wissensquellen mithilfe definierter Metadaten strukturiert einzulesen. Die Oberfläche von KIWI wurde so aufgebaut wie ein Chat. Mit der Unterstützung von erfahrenen Mitarbeitenden wurden dann typische ProStore®-Fragen erstellt, die KIWI anhand der eingelesenen Wissensquellen korrekt beantworten können musste. Die Antworten wurden dann von Expert*innen mit Schulnoten bewertet. Auf Basis dieser Rückmeldungen wurden in einem iterativen Entwicklungsprozess gezielt technische Verbesserungen umgesetzt (z. B. Auswahl des LLMs, Embedding-Modell, Filteroptionen, Chathistorie) und dadurch die KI schrittweise verbessert. Am Ende des Prozesses konnte die durchschnittliche Antwortqualität von „ausreichend“ auf „sehr gut“ gesteigert werden.
Abschließend wurde KIWI mit realen Fragen von neuen Mitarbeitenden validiert. Zu Beginn des Projekts wurden diese gebeten, in einem Katalog typische Fragen zu notieren, die sie sonst erfahrenen Kolleg*innen gestellt hätten. Dieser Katalog wurde dann in KIWI eingelesen, und die Antworten wurden erneut von Expert*innen auf ihre Richtigkeit geprüft. Unzureichend beantwortete Fragen wurden anschließend analysiert, um mögliche Wissenslücken zu identifizieren und diese mit Hilfe von Expertenwissen schließen zu können.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass KIWI die Sammlung und Organisation von Wissen im Unternehmen vereinfacht und beschleunigt sowie weitere Wissensbildung und -transfer fördert. Der Einsatz von KIWI wird nun auch über das Projekt hinaus auf weitere Unternehmensbereiche ausgeweitet.