Er­folgs­fak­to­ren ei­ner Agi­len Trans­for­ma­ti­on

Ergebnisse der SICP-Arbeitsgruppe "Agile Transformation & Agile Work"

Die SICP-Arbeitsgruppe „Agile Transformation & Agile Work“ beschäftigt sich mit der Idee der Agilen Transformation, mit Beispielen erfolgreicher Transformationen und deren Erfolgsfaktoren. Hierzu konnten wir verschiedene Perspektiven zusammenbringen – die an der Arbeitsgruppe beteiligten Mitglieder des SICP kommen aus unterschiedlichen Domänen, kümmern sich in verschiedenen Rollen um die Agile Transformation und befinden sich in unterschiedlichen Phasen des Veränderungsprozesses. Die Gruppe hat einen Arbeitsbericht erstellt, der insbesondere auf die Erfolgsfaktoren eingeht.

Was ist Agilität? (Was verstehen wir darunter?)

Unter Agilität verstehen wir ein Handeln, das prinzipiell weniger durch Verfolgen eines initial erstellten, akribischen Plans, sondern vielmehr durch Gewandtheit, Anpassungsfähigkeit und ein flexibles Reagieren auf unvorhergesehene Ereignisse gekennzeichnet ist. Agilität zeichnet damit Personen, aber insbesondere auch organisationale Teams und deren Zusammenspiel aus. Ursprünglich angewendet in der Softwareentwicklung, ist Agilität zu einem universellen Prinzip gereift, das in weiteren Anwendungsgebieten wie Produktentwicklung Einzug gehalten hat. Teams arbeiten nach agilen Prinzipien, Projekte werden mit agilem Projektmanagement geleitet, neue Ansätze wie Objectives and Key Results (OKR) oder New Work integrieren agile Ansätze etc.

Anwendung finden die agilen Methoden vorwiegend in der Softwareund Produktentwicklung und befähigen dort die agilen Entwicklungsteams, schneller auf Kundenbedürfnisse und Marktveränderungen zu reagieren. Dabei unterliegt die Agilität selbst einem ständigen Wandel, da agile Teams regelmäßig ihre Arbeitsweise und ihre Prozesse reflektieren und verbessern.

Was bedeutet Agile Transformation?

Die Agile Transformation eines Unternehmens oder Teilbereiches, wie z.B. der Entwicklung, beschreibt eine kontinuierlich anhaltende Organisationsentwicklung von einer klassischen, eher planerisch ausgerichteten Vorgehensweise hin zu der Anwendung agiler Methoden und eines agilen Mindsets. Sie startet meist mit der Einführung von agilen Rahmenwerken wie Scrum oder Kanban, um die Art und Weise zu ändern, wie im Team entwickelt wird. Die agile Vorgehensweise fördert eine iterative und inkrementelle Entwicklung, bei der kleinere, aber funktionsfähige Teile kontinuierlich entwickelt und verbessert werden.

Eine Agile Transformation geht einher mit einer Änderung der Unternehmenskultur und der Arbeitsweise, was Zeit, Anstrengung und Engagement erfordert. Agile Methoden zeichnen sich durch eine stärkere Zusammenarbeit und Kommunikation innerhalb des Teams sowie mit Kunden und Interessengruppen aus. Idealerweise erfolgt die Agile Transformation in aufeinander aufbauenden Iterationen, die Erfahrungen und Erkenntnisse hervorbringen, mit denen die Organisation sich Schritt für Schritt in Richtung einer Zielvision bewegt. Als Reise kann die agile Transformation unvorhergesehene Ereignisse hervorbringen, die das Team oder die Organisation immer wieder dazu veranlassen, ihre Arbeitsweise anzupassen.

Erfolgsfaktoren einer Agilen Transformation

Aus den Erfahrungen der einzelnen Teilnehmer unserer SICP-Arbeitsgruppe haben wir Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Agile Transformation gesammelt. Sie lassen sich den vier Bereichen Struktur, Prozesse, Menschen und Werkzeuge zuordnen. Um bei einer agilen Transformation erfolgreich zu sein, müssen alle vier Bereiche betrachtet werden. Wir gehen im Folgenden exemplarisch auf einige der Erfolgsfaktoren, die in der Arbeitsgruppe identifiziert wurden, ein.

Struktur

Auf der zentralen Ebene ist es wichtig, ein Zielbild für die Agilität des Unternehmens zu erstellen. Zudem sollten Rollen und Prozesse für agiles Projektmanagement festgelegt werden, um Verantwortlichkeiten zu regeln und Erwartungen an die Mitarbeiter zu kommunizieren.
Darüber hinaus muss das Zusammenwirken zwischen Projekten und der Linie organisiert werden. Budget und Freiraum für interne und externe (z.B. Agile Coaches oder Beratungsleistungen) Ressourcen muss bereitgestellt werden, um die notwendigen Veränderungen umsetzen zu können. Schließlich ist es wichtig, dass der Veränderungsprozess von der obersten Managementebene unterstützt wird, um die notwendigen Rahmenbedingungen für die Veränderungen zu sichern.

Auf der Produktebene sollten die Teams ein Zielbild für ihr Produkt erstellen und sicherstellen, dass es mit der Unternehmensvision abgestimmt ist. Die Teams sollten so zusammengesetzt werden, dass sie alle notwendigen Aufgaben erfüllen können und cross-funktional arbeiten. Mitarbeiter sollten für neue Rollen wie Product Owner oder Scrum Master geschult werden.

Prozesse

Zudem ist es wichtig, ein Umsetzungs- und Einführungskonzept zu erstellen. Der Veränderungsprozess sollte selbst auch agil gestaltet werden, um schnell Feedback vom Veränderungsprozess zu erhalten und um die (agile) Vorgehensweise sowohl im eigentlichen (Entwicklungs-) Prozess als auch im Veränderungsprozess und schlussendlich dem agilen Transformationsprozess unmittelbar an die organisationsspezifischen Bedürfnisse anzupassen. Eines der wichtigsten prozessualen Elemente sind hierbei die Retrospektiven, um Rückmeldung zu erhalten und um das Vorgehen (Prozesse, Methoden, Praktiken) ständig zu verbessern.

Menschen

Der vielleicht härteste Teil des Wegs hin zur Agilität sind die weichen Faktoren. Beschäftigte und Führungskräfte müssen dazu befähigt und motiviert sein, agile Prinzipien mitzutragen und agil zu arbeiten: Beschäftigte sollen sich einbringen und mitentscheiden, ständig Feedback geben und entgegennehmen. Sie müssen im Team arbeiten und Rollen übernehmen, die in den formalen Stellenbeschreibungen nicht vorkommen. Führungskräfte ihrerseits müssen die stärkere Autonomie agiler Teams akzeptieren. Bei Problemen auf das traditionelle Befehl-und-Gehorsam-Schema zurückzufallen, ist fatal. Führungskräfte müssen Rahmenbedingungen schaffen, die die cross-funktionalen Teams entlasten und unterstützen. Dazu gehört auch Sicherheit. Sackgassen und Scheitern müssen erlaubt sein. Paradigmatisch für das neue Arbeiten ist das agile Team. Meist sind die Beschäftigten fachlich gut aufgestellt, um in Teamarbeit die Projekte voranzutreiben. Vermisst werden eher Kompetenzen zur Selbstorganisation, Konfliktaustragung und Kommunikation.

Werkzeuge

Agile Transformation erfordert die Modernisierung von Entwicklungsinfrastruktur zu einer effizienten Kommunikation und Kollaboration zwischen Teammitgliedern und Stakeholdern. Darüber hinaus müssen die Werkzeuge die kontinuierliche Entwicklung, Qualitätssicherung und Deploymentprozesse unterstützen und überhaupt ermöglichen. Nicht selten erfordern die neu einzuführenden Methoden und Werkzeuge auch eine Qualifikation von Beteiligten, um die Mechanismen der Agilität zu verstehen und die dafür notwendige Arbeitskultur zu entwickeln.

Fazit

Es kommt für eine erfolgreiche Agile Transformation offensichtlich darauf an, keinen der vier Bereiche – Struktur, Prozesse, Menschen und Werkzeuge – zu vernachlässigen. Softwarewerkzeuge sind zum Beispiel unnütz, wenn die Beschäftigten sie nicht beherrschen, und eine neue formale Projektorganisation wird nur mühsam mit Leben gefüllt, wenn die Entgeltregelungen der Beschäftigten Teamerfolge nicht honorieren. Insgesamt sind die Erfolgsfaktoren oft synergetisch miteinander verknüpft: Ein bestimmter Faktor kann die Agile Transformation nur dann voranbringen, wenn bestimmte andere Faktoren ebenfalls umgesetzt werden. Die Erfolgsfaktoren sind jedoch keine Checkliste für Unternehmen; nicht jedes Unternehmen muss alles umsetzen. Denn die Agile Transformation der Unternehmen ist keine Pauschalreise, sondern ein individuelles Abenteuer. Die agile Idee, dass Ziele ebenso wie die Schritte kontinuierlich angepasst werden können, sollte nicht nur für einzelne Projekte, sondern auch für das Großprojekt der Agilen Transformation beachtet werden. Detaillierte Informationen zum Arbeitsergebnis der AG „Agile Transformation & Agile Work“ zu den Erfolgsfaktoren der Agilen Transformation werden in auf dieser Seite veröffentlicht. Den vollständigen Berichrt finden Sie in kürze hier.

 

Über die SICP-Arbeitsgruppe "Agile Transformation & Agile Work"
Ende 2021 hat sich auf Initiative der Mitglieder (Unternehmen und Universität Paderborn) im SICP – Software Innovation Campus Paderborn eine Arbeitsgruppe „Agile Transformation & Agile Work“ gebildet. Ziel solcher SICP-Arbeitsgruppen ist es, zu einem definierten Thema organisationsübergreifend auf eine gemeinsame Zielsetzung hin zu arbeiten. Das Spektrum reicht vom Erfahrungsaustausch über den Wissensaufbau bis hin zur Entwicklung von Projektideen und der Erarbeitung neuer Lösungsansätze. Arbeitsgruppen arbeiten selbstbestimmt und selbstorganisiert. Die Teilnahme steht allen SICP-Mitgliedern offen. Ergebnisse werden auch in den SICP zurückgespiegelt, in größerer Runde diskutiert oder veröffentlicht.